Zum Abschluss der jüngsten Sitzungswoche hat SPD-Bundestagsabgeordneter Marcus Held seine dritte Rede im Deutschen Bundestag gehalten. Thema seines sechsminütigen Auftritts am Rednerpult war die „Störerhaftung im Telemediengesetz“.

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Hier das offizielle das Sitzungsprotokoll:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die digitale Welt ist schon heute grenzenlos, sie macht nicht Halt an Schlagbäumen und unterscheidet keine Kontinente. Wir Bürgerinnen und Bürger sehen den Zugang zum Internet heute als Normalität an. Dennoch ist der Zugang vielen Menschen verwehrt, oder sie können nur sehr eingeschränkt auf das Internet zugreifen.

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Deshalb müssen wir dringend sicherstellen, dass auch in Deutschland ein flächendeckender Zugang zum Internet möglich ist, schrankenlos, räumlich wie auch zeitlich. Diese Aufgabe müssen wir sehr ernst nehmen; denn nur so garantieren wir gesellschaftliche Teilhabe an der Wissensvermehrung und somit auch an Bildung. Wir können es uns nicht leisten, dieses enorme Potenzial für unser Land nicht zu heben. Ich spreche ganz konkret die Versorgungsproblematik im ländlichen Raum an; denn das Internet kann in Deutschland leider noch nicht immer flächendeckend in einer angemessenen Geschwindigkeit genutzt werden.
Um zügig Verbesserungen zu erreichen, brauchen wir einfache, niederschwellige Lösungen, die auch Kleinanbietern wie Cafés, Campingplätzen, Schulen oder auch Museen erfüllen können. Wir dürfen keine zusätzlichen bürokratischen Schranken aufbauen. Dies gilt auch und gerade für den Mittelstand, für Angebote von Bildungseinrichtungen und Möglichkeiten in touristischen Zentren. Dass die Versorgung mit einem schnellen Internetzugang für die wirtschaftliche Stärke und für Chancengleichheit bei der gesellschaftlichen Entwicklung in Städten, aber auch ganz besonders im ländlichen Raum eine große Rolle spielt, zeigt uns der internationale Vergleich; denn andere Länder machen es uns heute schon vor: In Italien beispielsweise wird der öffentliche WLAN-Ausbau durch staatliche Zuschüsse gefördert. In Estland hat man schon 1997 begonnen, alle Schulen mit öffentlichem WLAN zu versorgen. Und in den USA hat Barack Obama jetzt angekündigt, 3,2 Milliarden Dollar investieren zu wollen, um alle Schulen in den Staaten bis 2018 zu versorgen.

(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Muss man auswandern!)
In Deutschland gibt es kommunale Leuchttürme wie zum Beispiel in Passau, wo nach der Jahrhundertflut 2013 kostenfreies ganzheitliches WLAN zur Verfügung gestellt wurde

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

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– da klatschen die Passauer, jawohl -, um die Wirtschaft und die Einwohnerschaft entsprechend mit Wissen versorgen zu können.
Wenn wir Wettbewerbsfähigkeit ernst nehmen, dann brauchen wir, meine Damen und Herren, flächendeckendes WLAN, um in Bereichen wie dem Tourismus international ernst genommen zu werden und gewerbliche Ansiedlungen überall in Deutschland zu ermöglichen. Gerade im ländlichen Raum ist es für Neuansiedlungen elementar, arbeiten zu können, und das kann man heute eben nur mit entsprechend schnellem Internetzugang.

Wie können wir dieses Ziel erreichen?

(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, wie?)

Mit Investitionen im gewerblichen Bereich. Aber auch im privaten Sektor müssen Hürden genommen werden, die eben schon angesprochen worden sind.

(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In unserem Gesetzentwurf!)

Hier spreche ich insbesondere das Thema der Störerhaftung an. Es wäre nicht nachzuvollziehen, wenn die Störerhaftung für Gewerbetreibende abgeschafft würde, sie aber für Private erhalten bliebe. Mit Privaten meine ich zum Beispiel auch engagierte WLAN-Vereine, die es in Städten und Gemeinden, gerade auf dem flachen Land, sehr häufig gibt. Ich denke, das Know-how dieser WLAN-Vereine sollten wir dringend nutzen; wir sollten die Vereine positiv mit in die Verantwortung nehmen.

(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

Die Störerhaftung muss für alle abgeschafft werden; denn Anbieter von WLAN dürfen nicht dafür verantwortlich gemacht werden, was die Nutzer tun.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Derzeit sorgt die Regelung zur Störerhaftung dafür, dass eben nicht beim Rechtsverletzer angesetzt wird, sondern der Anbieter als Dritter in die Pflicht genommen wird. Das muss sich ändern; ich glaube, da sind wir uns einig.
Ich danke deshalb im Namen der SPD-Fraktion für die Vorlage des Gesetzentwurfs, der dem Ausbau der digitalen Infrastruktur einen Impuls gibt. Sie haben heute einen Musterentwurf vorgelegt, der der digitalen Gesellschaft entspringt und somit auch gute, wichtige Impulse der Zivilgesellschaft aufgreift. Selbstverständlich wird der von Ihnen eingebrachte Entwurf in die weiteren Überlegungen innerhalb der Koalition einbezogen. Denn auch für uns, die SPD, ist es wichtig, die Nutzung der Potenziale der digitalen Infrastruktur voranzubringen, die aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheiten leider noch brachliegen. Wir werden uns also um Rechtssicherheit kümmern, was dringend geboten ist.

Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Potenziale der lokalen Funknetze auszuschöpfen und mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar zu machen. Denn das Recht auf freie und unbeobachtete Kommunikation hat in Deutschland Verfassungsrang. Natürlich muss auch ermittelt werden, wenn es Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen gibt das ist völlig klar ; aber das kann nicht gleichzeitig bedeuten, dass alle Bürgerinnen und Bürger, die freies WLAN nutzen, unter einen Generalverdacht gestellt werden; das muss auch für die digitale Gesellschaft gelten. Die Digitale Agenda hat dieses wichtige Ziel des Koalitionsvertrags aufgegriffen.

Im Moment finden zwischen den Ressorts die Abstimmungen zur Vorlage eines entsprechenden Gesetzesentwurfs statt. Die Beratungen hierzu sind noch nicht ganz abgeschlossen, werden aber sicherlich in Kürze beendet sein, sodass hier ein entsprechender Vorschlag auf den Tisch kommt. Sie können sich also darauf verlassen, dass die Umsetzung dieses Punktes der Koalitionsvereinbarung für die SPD von großer Bedeutung ist, damit offene Funknetze in öffentlichen Räumen auch in Deutschland zur Normalität werden, so wie sie bereits heute in vielen anderen Ländern in Europa und der Welt Normalität sind.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)